Language   

Hans im Glück

Erika Mann
Language: German




Soll ich was von mir berichten?
Ja, – ich bin der Hans im Glück;
Ich weiß mehrere Geschichten,
Doch sie liegen weit zurück.

Als ich noch ein kleiner Knabe
Namens Hans gewesen bin,
Hatt’ ich schon als gute Gabe
Einen stets zufried’nen Sinn.

Meine Eltern hatten Felder
Und sie waren wohl bestallt;
Doch die guten goldnen Gelder
Wurden nicht im Kasten alt.

Plötzlich gingen sie zur Neige
Und ich rief, was grämt ihr euch?!
Wartet mal, was ich euch zeige, –
Armut macht das Leben reich!

Wie sich das trifft,
Nein, wie sich das schickt, –
Ich war meiner Lebtag noch nie so beglückt.
Das leidige Geld ist nun endlich dahin, –
Was ich für ein Hans im Glück immer bin!

Arbeit war gar schnell gefunden,
Ich verdiene Brot und Bier;
Täglich tat ich es zehn Stunden,
Das war reichlich, glaubt es mir.

Als dann die Regierung tagte,
Nahm man mir die Arbeit fort;
Ich war froh, weil ich mir sagte:
Es war furchtbar mühsam dort.

Wie sich das trifft,
Nein, wie sich das schickt!
Ich war meiner Lebtag noch nie so beglückt.
Die leidige Arbeit ist endlich dahin, –
Was ich für ein Hans im Glück immer bin!

Frei war ich wie Wind und Regen,
Konnte drin spazieren gehn.
Ei, was war das für ein Segen,
Und wie war die Welt so schön!

Und ich schrieb im Überschwange
Irgendwo auf einen Stein:
Na, jetzt dauert’s nicht mehr lange, –
Der Minister ist ein Schwein.

Als dann die Regierung tagte,
Mußt′ ich schleunigst außer Land′s,
Weil ein Freund von mir mir sagte:
Du stehst auf der Liste, Hans.

Und so lief ich in die Ferne
Schritt vor Schritt und Bein vor Bein;
Ach, ich laufe schrecklich gerne,
Und es soll bekömmlich sein.

Wie sich das trifft,
Nein, wie sich das schickt!
Ich war meiner Lebtag noch nie so beglückt!
Die leidige Heimat ist endlich dahin, –
Was ich für ein Hans im Glück immer bin!

Meinen Hut und meine Weste
Die verlor ich irgendwo;
Es war jedenfalls das Beste
Und auch das Bequemste so.

Meine Schuhe sind zerrissen,
Nächstens darf ich barfuß gehn;
das ist angenehm zu wissen,–
Auf den Wiesen geht sich’s schön.

Als dann die Regierung tagte,
Um mein Glück noch zu vollenden,
Konfisziert′ man meinen Paß;
Ich geb′ gern ihn aus den Händen
Und besaß noch immer was:

Beispielweise Bürgerrechte,
Und man nahm sie bald zu sich;
Ob ich sie behalten möchte,
Danach fragte keiner mich.

Wie sich das trifft,
Nein, wie sich das schickt!
Ich war meiner Lebtag noch nie so beglückt.
Die leidigen Rechte sind endlich dahin, –
Was ich für ein Hans im Glück immer bin!

Frei bin ich von aller Schwere.
leicht bin ich und ohne Zwang;
Habe nichts als meine Ehre,
Und um die ist mir nichts bang.

Schließlich kommt es dann ans Sterben,
Und der Tod ruft freundlich – Hans! –
Ein’ge dich mit deinen Erben!
Doch ich blinzle in den Glanz;

Ohne Testament und Mühe
Darf ich gleich hinübergehn, –
Eines Tags in grauer Frühe
Kann man mich entschwinden sehn.

Wie sich das trifft,
Nein, wie sich das schickt!
Ich war meiner Tage noch nie so beglückt.
Die leidige Leben ist endlich dahin, –
Was ich für ein Hans im Glück immer bin!



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