An die Nachgeborenen
Bertolt BrechtOriginal | Versione italiana di Roberto Fertonani |
AN DIE NACHGEBORENEN | A COLORO CHE VERRANNO |
1. | 1. |
Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten! Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn Deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende Hat die furchtbare Nachricht Nur noch nicht empfangen. | Davvero, vivo in tempi bui! La parola innocente è stolta. Una fronte distesa vuol dire insensibilità. Chi ride, la notizia atroce non l'ha saputa ancora. |
Was sind das für Zeiten, wo Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist. Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt! Der dort ruhig über die Straße geht Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde Die in Not sind? | Quali tempi sono questi, quando discorrere d'alberi è quasi un delitto, perchè su troppe stragi comporta silenzio! E l'uomo che ora traversa tranquillo la via mai più potranno raggiungerlo dunque gli amici che sono nell'affanno? |
Es ist wahr: ich verdiene noch meinen Unterhalt. Aber glaubt mir: das ist nur ein Zufall. Nichts Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich sattzuessen. Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt Bin ich verloren.) Man sagt mir: Iß und trink du! Sei froh, daß du hast! | È vero: ancora mi guadagno da vivere. Ma, credetemi, è appena un caso. Nulla di quel che fo m'autorizza a sfamarmi. Per caso mi risparmiano. (Basta che il vento giri, e sono perduto). |
Aber wie kann ich essen und trinken, wenn Ich dem Hungernden entreiße, was ich esse, und Mein Glas VVasser einem Verdurstenden fehlt? Und doch esse und trinke ich. | "Mangia e bevi!", mi dicono: "E sii contento di averne". Ma come posso io mangiare e bere, quando quel che mangio, a chi ha fame lo strappo, e manca a chi ha sete il mio bicchiere d'acqua? Eppure mangio e bevo. |
Ich wäre gern auch weise. In den alten Büchern steht, was weise ist: Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit Ohne Furcht verbringen. | Vorrei anche essere un saggio. Nei libri antichi è scritta la saggezza: lasciar le contese del mondo e il tempo breve senza tema trascorrere. Spogliarsi di violenza, render bene per male, non soddisfare i desideri, anzi dimenticarli, dicono, è saggezza. Tutto questo io non posso: davvero, vivo in tempi bui! |
Aber ohne Gewalt auskommen Böses mit Gutem vergelten Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen Gilt für weise. Alles das kann ich nicht: Wirklich ich lebe in finsteren Zeiten! | 2. |
2. | Nelle città venni al tempo del disordine, quando la fame regnava. Tra gli uomini venni al tempo delle rivolte, e mi ribellai insieme a loro. Così il tempo passò che sulla terra m'era stato dato. |
In die Städte kam ich zur Zeit der Unordnung Als da Hunger herrschte. Unter die Menschen kam ich zur Zeit des Aufruhrs Und ich empörte mich mit ihnen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. | Il mio pane, lo mangiai tra le battaglie. Per dormire mi stesi in mezzo agli assassini. Feci all'amore senza badarci e la natura la guardai con impazienza. Così il tempo passò che sulla terra m'era stato dato. |
Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten. Schlafen legte ich mich unter die Mörder. Der Liebe pflegte ich achtlos Und die Natur sah ich ohne Geduld. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. | Al mio tempo le strade si perdevano nella palude. La parola mi tradiva al carnefice. Poco era in mio potere. Ma i potenti posavano più sicuri senza di me; o lo speravo. Così il tempo passò che sulla terra m'era stato dato. |
Die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit. Die Sprache verriet mich dem Schlächter. Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. | Le forze erano misere. La meta era molto remota. La si poteva scorgere chiaramente, seppure anche per me quasi inattingibile. Così il tempo passò che sulla terra m'era stato dato. |
Die Kräfte waren gering. Das Ziel Lag in großer Ferne. Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich Kaum zu erreichen. So verging meine Zeit Die auf Erden mir gegeben war. | 3. |
3. | Voi che sarete emersi dai gorghi dove fummo travolti pensate quando parlate delle nostre debolezze anche ai tempi bui cui voi siete scampati. |
Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut In der wir untergegangen sind Gedenkt Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht Auch der finsteren Zeit Der ihr entronnen seid. | Andammo noi, più spesso cambiando paese che scarpe, attraverso le guerre di classe, disperati quando solo ingiustizia c'era, e nessuna rivolta. |
Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung. | Eppure lo sappiamo: anche l'odio contro la bassezza stravolge il viso. Anche l'ira per l'ingiustizia fa roca la voce. Oh, noi che abbiamo voluto apprestare il terreno alla gentilezza, noi non si potè essere gentili. |
Dabei wissen wir doch: Auch der Haß gegen die Niedrigkeit Verzerrt die Züge. Auch der Zorn über das Unrecht Macht die Stimme heiser. Ach, wir Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit Konnten selber nicht freundlich sein. Ihr aber, wenn es soweit sein wird Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist Gedenkt unsrer Mit Nachsicht. | Ma voi, quando sarà venuta l'ora che all'uomo un aiuto sia l'uomo, pensate a noi con indulgenza. |