Von der Kindsmörderin Marie Farrar
Bertolt BrechtOriginal | Versione italiana interpretata dal Collettivo Víctor Jara |
VON DER KINDSMÖRDERIN MARIE FARRAR Marie Farrar, geboren im April Unmündig, merkmallos, rachitisch, Waise Bislang angeblich unbescholten, will Ein Kind ermordet haben in der Weise: Sie sagt, sie habe schon im zweiten Monat Bei einer Frau in einem Kellerhaus Versucht, es abzutreiben mit zwei Spritzen Angeblich schmerzhaft, doch ging’s nicht heraus. Doch ihr, ich bitte euch, wollt nicht in Zorn verfallen Denn alle Kreatur braucht Hilf von allen. Sie habe dennoch, sagt sie, gleich bezahlt Was ausgemacht war, sich fortan geschnürt Auch Sprit getrunken, Pfeffer drin vermahlt Doch habe sie das nur stark abgeführt. Ihr Leib sei zusehends geschwollen, habe Auch stark geschmerzt, beim Tellerwaschen oft. Sie selbst sei, sagt sie, damals noch gewachsen. Sie habe zu Marie gebetet, viel erhofft. Auch ihr, ich bitte euch, wollt nicht in Zorn verfallen Denn alle Kreatur braucht Hilf von allen. Doch die Gebete hätten, scheinbar, nichts genützt. Es war auch viel verlangt. Als sie dann dicker war Hab ihr in Frühmetten geschwindelt. Oft hab sie geschwitzt Auch Angstschweiss, häufig unter dem Altar. Doch hab den Zustand sie geheimgehalten Bis die Geburt sie nachher überfiel. Es sei gegangen, da wohl niemand glaubte Dass sie, sehr reizlos, in Versuchung fiel. Und ihr, ich bitte euch, wollt nicht in Zorn verfallen Denn alle Kreatur braucht Hilf von allen. An diesem Tag, sagt sie, in aller Früh Ist ihr beim Stiegenwischen so, als krallten Ihr Nägel in den Bauch. Es schüttelt sie. Jedoch gelingt es ihr, den Schmerz geheimzuhalten. Den ganzen Tag, es ist beim Wäschehängen Zerbricht sie sich den Kopf; dann kommt sie drauf Dass sie gebären sollte, und es wird ihr Gleich schwer ums Herz. Erst spät geht sie hinauf. Doch ihr, ich bitte euch, wollt nicht in Zorn verfallen Denn alle Kreatur braucht Hilf von allen. Man holte sie noch einmal, als sie lag: Schnee war gefallen, und sie musste kehren. Das ging bis elf. Es war ein langer Tag. Erst in der Nacht konnt sie in Ruhe gebären. Und sie gebar, so sagt sie, einen Sohn. Der Sohn war ebenso wie andere Söhne. Doch sie war nicht, wie andre Mütter sind, obschon - Es liegt kein Grund vor, dass ich sie verhöhne. Auch ihr, ich bitte euch, wollt nicht in Zorn verfallen Denn alle Kreatur braucht Hilf von allen. So lasst sie also weiter denn erzählen Wie es mit diesem Sohn geworden ist (Sie wolle davon, sagt sie, nichts verhehlen) Damit man sieht, wie ich bin und du bist. Sie sagt, sie sei, nur kurz im Bett, von übel- keit stark befallen worden, und allein Hab sie, nicht wissend, was geschehen sollte Mit Mühe sich bezwungen, nicht zu schrein. Und ihr, ich bitte euch, wollt nicht in Zorn verfallen Denn alle Kreatur braucht Hilf von allen. Mit letzter Kraft hab sie, so sagt sie, dann Da ihre Kammer auch eiskalt gewesen Sich zum Abort geschleppt und dort auch (wann Weiss sie nicht mehr) geborn ohn Federlesen So gegen Morgen zu. Sie sei, sagt sie Jetzt ganz verwirrt gewesen, habe dann Halb schon erstarrt, das Kind kaum halten können Weil es in den Gesindabort hereinschnein kann. Und ihr, ich bitte euch, wollt nicht in Zorn verfallen Denn alle Kreatur braucht Hilf von allen. Dann zwischen Kammer und Abort - vorher, sagt sie Sei noch gar nichts gewesen - fing das Kind Zu schreien an, das hab sie so verdrossen, sagt sie Dass sie’s mit beiden Fäusten, ohne Aufhörn, blind So lang geschlagen habe, bis es still war, sagt sie. Hierauf hab sie das Tote noch durchaus Zu sich ins Bett genommen für den Rest der Nacht Und es versteckt am Morgen in dem Wäschehaus. Doch ihr, ich bitte euch wollt nicht in Zorn verfallen Denn alle Kreatur braucht Hilf vor allem. Marie Farrar, geboren im April Gestorben im Gefängnishaus zu Meissen Ledige Kindesmutter, abgeurteilt, will Euch die Gebrechen aller Kreatur erweisen. Ihr, die ihr gut gebärt in saubern Wochenbetten Und nennt »gesegnet« euren schwangeren Schoss Wollt nicht verdammen die verworfnen Schwachen Denn ihre Sünd war schwer, doch ihr Leid gross. Darum, ich bitte euch, wollt nicht in Zorn verfallen Denn alle Kreatur braucht Hilf von allen. | MARIA FARRAR Maria Farrar, nata in aprile, minorenne, rachitica, orfana, a sentir lei incensurata Stando alla cronaca, ha ucciso un bambino nel modo che segue: Afferma che, incinta di due mesi nella cantina di una donna ha tentato di abortire Con due iniezioni, dolorose, dice lei, ma senza risultato Ma voi, di grazia, non vogliate sdegnarvi Ogni creatura ha bisogno degli altri Tuttavia, lei dice, il prezzo stabilito Lo ha pagato subito e si è legata stretta Ha bevuto la polvere di pepe nello spirito Ma quello d'una purga, non altro fu l'effetto Le si gonfiava il ventre a vista d'occhio Lavando le stoviglie e aveva assai sofferto Lei stessa, così dice, era cresciuta ancora Molto aveva sperato, pregando la Madonna Anche voi, di grazia, non vogliate sdegnarvi Ogni creatura ha bisogno degli altri Ma, così pareva, era inutile pregare Anche così si pretendeva troppo E quando fu più grossa, le venne il capogiro Durante il mattutino, ai piedi dell'altare Ma lei tenne segreta la sua condizione C'era riuscita: nessuno credeva che fosse Caduta in tentazione, lei così sgraziata E voi, di grazia, non vogliate sdegnarvi Ogni creatura ha bisogno degli altri In questo giorno, alla mattina presto Sente una fitta, lavando le scale, come di spilli nel ventre Un brivido la scuote, ma pure le riesce di nascondere il suo male E tutto il giorno, stendendo i suoi panni, si rompe la testa Poi le viene in mente che doveva partorire Ed improvvisamente sente una fitta al cuore La si chiamò ancora, mentre era coricata: La neve era caduta e doveva spazzare Alle undici finì... era lunga la giornata Soltanto nella notte potè sgravarsi in pace E partorì, a quanto dice, un figlio Il figlio somigliava a tutti gli altri Ma lei non era come le altre madri Non la schernisco, non ce n'è motivo Ora lasciatela raccontare come finì la sua creatura Senza nascondere i particolari Così di ogni essere si vede la natura Così di ogni essere si vede la natura Appena giunta sul letto, sente al ventre un forte dolore Ma restò muta, senza sapere cosa le stava per accadere A malapena, stringendo i denti, si trattenne dal gridare A malapena, stringendo i denti, si trattenne dal gridare Con le ultime forze, lei dice, seguitando Dato che la sua stanza era fredda da morire Al gabinetto si era trascinata e lì (quando più non ricorda) Partorì alla meglio, così verso il mattino Lei dice ch'era tutta sconvolta ormai e mezzo intirizzita E il suo bambino lo reggeva a stento Perché nella latrina ci nevicava dentro Dalla stanza al gabinetto, prima, lei dice Non avvenne proprio nulla, il bambino scoppiò in pianto E questo l'urtò talmente, lei dice Che con i pugni l'aveva picchiato tanto Alla cieca, di continuo, finché smise di piangere E poi s'era tenuta sempre il morto vicino Vicino a sé, nel letto, per il resto della notte E al mattino nel lavatoio l'aveva nascosto Anche voi, di grazia, non vogliate sdegnarvi Ogni creatura ha bisogno degli altri Anche voi, di grazia, non vogliate sdegnarvi Ogni creatura ha bisogno degli altri Maria Farrar, nata in aprile Defunta nelle carceri di Meissen Ragazza madre, condannata Vuole mostrare a tutti quanto siamo fragili Voi, che partorite comode in un letto E il vostro grembo gravido chiamate «benedetto» Contro i deboli e i reietti non scagliate l'anatema Fu grave il suo peccato, ma grande la sua pena |